Modell Rolf Eichinger
Es ist im Musikinstrumentenbau schon lange Tradition, die Arbeit herausragender, richtungsweisender Kollegen durch Nachbau und Kopie ihrer Instrumente zu würdigen und weiterleben zu lassen. So gibt es in der Gitarrenwelt unzählige Nachbauten der Gitarren von Torres, Ramirez oder Hauser. Jeder Gitarrenbauer, der das Glück hatte, einmal ein Original dieser oder anderer Meister in den Händen zu halten, weiß wie inspirierend eine solche Begegnung sein kann, und wie groß der Wunsch diesen Vorbildern nachzueifern.
Rolf Eichinger, der 2009 in Salobreña bei Granada verstarb, war zweifellos einer der besten Gitarrenbauer seiner Zeit. Er war mein Lehrmeister und Freund und ihn zu Ehren biete ich von nun an ein Gitarrenmodell "Rolf Eichinger" an. In der Tradition von Kopien wird das Modell seine Maße und Dimensionierungen bekommen, ebenso seine Konstruktionsanordnungen und ästhetische Gestaltung. Darüber hinaus ist es mir möglich, auch Rolfs Montagemethodik anzuwenden, die in der Tradition des südspanischen Gitarrenbaus steht und ganz entscheidenden Einfluss auf das Klangresultat ausübt.
Rolf Eichinger wurde am 10. September 1944 in Stuttgart geboren. Als junger Mann studierte er dort Industrie-Design, begann sich aber mehr und mehr für das Gitarrenspiel zu interessieren. Er wurde ein ausgezeichneter Gitarrist und arbeitete seit 1970 sogar einige Jahre an der Musikschule Stuttgart als Gitarrenlehrer. Auf ausgedehnten Reisen und Aufenthalten in Spanien, besonders Andalusien, lernte er die Sprache und freundete sich mit einigen der besten Gitarrenbauern Granadas an, z.B mit Antonio Marin Montero oder Jose Lopez Bellido. Gute Instrumente zu bekommen war damals ungleich schwieriger als heute, und Rolf brachte von seinen Reisen für seine Schüler immer Gitarren mit nach Deutschland zurück. Der Bedarf und die Nachfrage stiegen so enorm an, dass er beschloss, einen Gitarrenfachhandel zu eröffnen. 1978 gründete er den Laden "Die Zupfgeige" in Karlsruhe, der innerhalb weniger Jahre zu einem der bestinformierten und bestsortierten in Europa wurde.
Mehr und mehr auch zu einem Pilgerort für junge Gitarrenbauer, denn Rolf hatte seine Liebe zum Gitarrenbau entdeckt, und in der Zupfgeige seine erste Werkstatt eingerichtet. Spanien gilt als das Mutterland des modernen Gitarrenbaus, insbesondere in Südspanien gibt es noch eine lebendige Handwerkstradition, in der sich über viele Generationen raffinierte Montagetechniken entwickelt haben, die optimal auf das Instrument abgestimmt sind. Rolf war von dieser Art des Gitarrenbaus fasziniert, und mehrere Monate hatte er die Möglichkeit, in verschiedenen Werkstätten in Granada mitzuarbeiten. Auf diese Weise brachte er unschätzbare Informationen mit nach Karlsruhe.
1991 übergab Rolf die Zupfgeige an seinen langjährigen Mitarbeiter Matthias Adler, weil er sich ausschließlich dem Gitarrenbau widmen wollte. Er zog nach Pfinztal/Berghausen bei Karlsruhe, wo er seine nächste Werkstatt gründete. 1997 entschloss sich Rolf nach Granada umzusiedeln, dorthin wo seiner Meinung nach die herausragendsten zeitgenössischen Meister des Gitarrenbaus lebten, und von wo aus er die große Inspiration für sein eigenes Schaffen erlangt hatte.
Für viele junge Gitarrenbauer dort wurde Rolf, wie schon zu seiner Zeit in Deutschland, der Wegbereiter für ihre Karrieren. Wegen seiner umfangreichen Kenntnisse der spanischen Gitarrenbautradition auch außerhalb Granadas wurde er sogar von alteingesessenen spanischen Kollegen regelmäßig konsultiert und hochgeschätzt. 2007 erkrankte er schwer an Krebs und zog nach vorübergehender Erholung nach Salobreña an die Südküste Andalusiens. Dort verstarb er am 18. September 2009. Während seiner Zeit als Gitarrenbauer baute Rolf etwa 300 Instrumente.
1988 lernte ich Rolf kennen. Damals hatte ich mein erstes Jahr mit autodidaktischen Gehversuchen im Gitarrenbau hinter mir und war auf der Suche nach Information. Ich hatte einen Lautenbaukurs bei Robert Lundberg und ein mehrmonatiges Praktikum in Erlangen bei der Firma Hoyer absolviert, und meine erste Werkstatt in Freiburg gegründet
In der Zupfgeige auf einer von Rolfs schon damals hervorragenden Gitarren zu spielen war für mich eine wegweisende Offenbarung. Mein großes Glück war, dass wir uns auf Anhieb sympathisch waren, und er mich Gitarrenbau-technisch unter seine Fittiche nahm und mein handwerklicher Ziehvater wurde. Von da an pilgerte ich alle paar Wochen nach Karlsruhe, um Rolf die Fortschritte meiner Arbeit zu zeigen. Viele, die ihn kannten wissen, dass es nicht immer einfach war mit ihm zusammen zu sein.
Als Perfektionist galt seine Sorgfalt jedem noch so winzigen Detail, und seine Kritik konnte vernichtend ausfallen. Aber wer bereit war, sich dieser Herausforderung selbstkritisch zu stellen, wurde mit Informationen belohnt, die jahrelange eigene Recherchen ersparen konnten. Dank seiner Hilfe wurden die Resultate meiner Arbeit zügig besser, und seit 1990 verkaufte er Gitarren von mir in seinem Laden. Er brachte mir unter anderem die aufwändige Schellack Politur bei, und einige von Rolfs Instrumenten dieser Zeit wurden von mir poliert.
1995 bot er mir an, "Werkstatt Eichinger-Gitarren" mit ihm zusammen zu bauen. Diese Zusammenarbeit resultierte in einer noch detaillierteren Kenntnis seiner Konstruktionsmerkmale und Methodik. Sie währte etwa zwei Jahre, bis sich Rolf 1997 entschied, nach Granada zu ziehen. Dort besuchte ich ihn noch viele Male und er auch mich, wenn er in Deutschland weilte. Als Rolfs Erkrankung 2008 so schlimm wurde, dass er manche der anstrengenden Arbeiten nicht mehr selbst durchführen konnte, fragte er mich ob ich ihm dabei helfen wolle.
Das war eine große Ehre für mich, und wir begannen, seine Gitarren in verschiedenen Montagephasen von Spanien nach Deutschland hin- und herzuschicken. Auch eine Neuauflage der "Werkstatt Eichinger-Gitarren" war geplant, aber dazu kam es leider nicht mehr . Bis eine Woche vor seinem Tod versuchte Rolf, wenn irgend möglich, täglich in seiner Werkstatt zu arbeiten, und war bis zum Schluß voller Pläne für neue Instrumente. Sein Tod war und ist für mich und viele in der gesamten Gitarrenwelt ein großer Verlust.
Die letzten zwei von Rolf begonnenen, halbfertigen Gitarren habe ich in Absprache mit seiner Witwe und den Kunden zu Ende gebaut, und auch dabei noch ein letztes Mal viel von ihm gelernt.
Mein Modell "Rolf Eichinger" wird vorerst seinem 64er-Mensur-Korpus-Modell entsprechen. Dieses Modell mochte er besonders gern, und es war besonders erfolgreich und Ton-schön. Mit einem Klang von hervorragender Modulations Fähigkeit, und dabei trotz der "kurzen" Mensur von beeindruckender Dynamik und Projektionskraft. Die Deckenkonstruktion wie auch alle anderen Konstruktionsdetails werden Rolfs Plänen und Dimensionierungen entsprechen.
Ebenso wird das Erscheinungsbild und die Ästhetik nahe an Rolfs Originalen angelehnt sein. Das betrifft natürlich seine Korpusform, aber auch die Gestaltung des Kopfes und der Rosetten. Weitere Korpus Größen und Mensuren sind auf Anfrage möglich.